Zeittafel

1888

Gerard Bunk wird am 4. März in Rotterdam als jüngstes von sieben Kindern des Schulrektors, Musiklehrers und Chordirigenten Gerardus Cornelis Bunk und seiner Frau Maria geboren.
»... Bunk war damals schon eine populäre Figur in seiner Stadt. Tausende kannten ihn mit seinem schwarzen Lockenkopf, seiner breiten Gestalt, und sie kannten ihn vor allem, weil er bei allerlei öffentlichen und nationalen Gelegenheiten der gegebene Gesanglehrer und Dirigent war. G. C. Bunk war in Rotterdam der fähige und enthusiastische Vorläufer der späteren Bewegung zur Verbesserung und Beförderung des Volksgesangs. Er leistete Pionierarbeit und war nicht nur ein Theoretiker, dessen Bücher über Gesang und Musiktheorie Jahrzehnte in Gebrauch bei allerlei Ausbildungs-Einrichtungen waren, aber vor allem: Er hat in Rotterdam für die praktische Verbesserung des Singens große Verdienste. Er war der Leiter einer ›Dames- en Kinderen-Zangvereeniging‹ (die später nach ihm benannt wurde), und er hat viele Male in der Öffentlichkeit die Schulkinder von Rotterdam bei Festtagen angeführt und geleitet.« (Doe Hans: De stad aan de Maas: herinneringen aan Rotterdam, Leiden 1941, S. 9f., zit. nach Schroeder 1974, S. 9)
»… Wir besuchten danach eine Schule der höheren [sozialen] Klasse, in der der Musiklehrer auch Schulleiter war, Mr. G. C. Bunk. […] Die hier gesungenen Sätze waren schwieriger als die in der zuerst besuchten Schule. Zwei Passagen mit einigen schwierigen Intervallen, Synkopierungen, Modulationen und ähnlichem, die ich an die Tafel schrieb, sangen sie bewunderungswürdig. Mr. Bunk half seinen Schülern nicht wie alle guten Lehrer durch Singen über Schwierigkeiten hinweg, tatsächlich sang er […] überhaupt kaum; nach einer kleinen Erläuterung ließ er sie ihren Weg so gut sie konnten hindurchfinden. Ich konnte nicht umhin, ein solches Unterrichten, ebenso ruhig wie effektiv, den schrecklichen Mühen gegenüberzustellen, denen sich unsere Lehrer durch das Gehörsingen unterziehen, so schädlich und zerstörerisch für die Stimme, so schwächend für das ganze Gefüge.« (Report of John Hullah, Esq., L.L.D., on Musical Instruction in Elementary Schools on the Continent, 1879)

1895

Nach ersten musikalischen Instruktionen vom Vater und nachdem an dem Fünfjährigen das absolute Tonbewusstsein festgestellt worden ist nun Unterricht im Violinspiel (der nur drei Jahre andauert, »da viel mehr Neigung zum Klavier und zur Orgel«) und in Theorie.

1897

Hendrik de Vries (1857–1929) kommt als Organist der Bätz-Orgel an die Rotterdamer Grote of Sint-Laurenskerk − für Bunk »das prächtigste Orgelwerk, das ich je gesehen und gehört habe.« Er besucht die vierzehntäglichen Orgebespelingen seines »Idols« de Vries − die später als Vorbild für die eigenen Orgel-Feierstunden dienen werden − und lernt hier »so ziemlich alles, was damals zur wertvolleren Orgelliteratur des In- und Auslandes gehörte« kennen, u. a. die Orgelwerke von Bach, Liszt, Guilmant, Widor, Reger und Bossi.

1899

9. Juni: Beim Besuch von Königin Wilhelmina und Königin Emma in Rotterdam dirigiert der Vater G. C. Bunk einen Kinderchor; gesungen wird die von ihm komponierte Festkantate De koningin te Rotterdam auf einen Text von J. R. Arnold, instrumentiert von Ferdinand Blumentritt (1841–1903).

1901

Eintritt ins Rotterdamer Konservatorium der Maatschappij ter bevordering der Toonkunst; Bunk studiert Klavier bei dem Pianisten, Chordirigenten und Komponisten Anton Verheij (1871−1924); kurze Zeit bei Johan Besselaar (1874−1952) auch Unterricht an der Orgel, das Orgelspiel lernt Bunk aber hauptsächlich im Selbststudium.
Währenddessen besucht er die Realschule, ist Hilfsorganist in verschiedenen evangelischen Kirchen und Leiter der Schüler-Abteilung der Koninklijke Zangvereeniging »Rotte's Mannenkoor«.
Im Kino soll der jugendliche Gerard Bunk am Klavier Stummfilme begleitet haben (nach späterer Überlieferung durch den Musikwissenschaftler Martin Geck; Else Bunk bestritt dies). 

1902

13. Dezember: Datierung der ersten erhaltenen Komposition, einer Romance für Klavier zu vier Händen

1904

4. März Übernahme einer ersten ganzen Organistenstelle in Rotterdam

1906

Juni: Aufenthalt in London; hier womöglich Klavierstudium bei dem russisch-britischen Pianisten Mark Hambourg (1879–1960).
Im September Abreise nach Hull/England, um das Klavierstudium dort fortzusetzen – jedoch Abbruch:
Bereits Oktober oder November Wechsel nach Bielefeld in die Spezial-Ausbildungsklasse des Klavierpädagogen Hans Hermanns

1907

3. März: Max Reger konzertiert in Bielefeld. Bunk hat »vor seiner Ankunft in seinem Hotelzimmer ... den Anfang seiner genialen B.A.C.H.-Fanstasie an die Tapete hingekritzelt« (Liebe zur Orgel, S. 72). Reger ist amüsiert und unterschreibt eine Glückwunsch-Postkarte zum neunzehnten Geburtstag Bunks am nächsten Tag.
20. Juni: erstes Orgelkonzert in der Bielefelder Synagoge.
Oktober: Bunk als Meisterschüler und seine spätere Frau Else Geßner gehen mit Hermanns, der dort »erster Lehrer für Klavierspiel« wird, ans Hamburger Konservatorium.
23. Dezember: Vertrag als Klavier-, Orgel- und Theorielehrer mit dem Bielefelder Konservatorium.
Beginn der eigentlichen Konzerttätigkeit an Klavier und Orgel

1908

Nach der (in den Niederlanden üblichen) Losziehung Freistellung vom Militärdienst.
Brief Karl Straubes an Bunks Bielefelder Mentor Wilhelm Lamping (1861−1929) vom 24. April: »... würde ich mich sehr freuen ihn als Schüler aufzunehmen. ... und Herr Bunk könnte bei Reger Composition als Nebenfach belegen; oder er mag Reger als Haupt- und meine Klasse als Nebenfach belegen.«
Komposition der Orgelwerke Legende op. 29 im Mai, der Variationen über ein Altniederländisches Volkslied op. 31 im Dezember

1909

Januar bis März: Komposition der Sonate für Orgel op. 32.
20. bis 22. März: Die neue Orgel der Dortmunder Reinoldikirche von E. F. Walcker & Cie. in Ludwigsburg mit 105 Registern auf fünf Manualen wird mit einem Bachfest eingeweiht. Sie gilt als bedeutendes Referenzinstrument der Elsässischen Orgelreform um Émile Rupp und Albert Schweitzer.
Im Sommer veranstaltet Bunk in Bielefelds Neustädter Kirche sechs Orgelkonzerte, in denen er (so ein zeitgenössisches Künstlerlexikon) »die Werke der bedeutendsten Orgelkomponisten seit Bach« aufführt; ein Abend ist ausschließlich Max Reger gewidmet.
Weitere Orgelkonzert-Zyklen in den nächsten Jahren in der Synagoge. »Ich darf vielleicht ... annehmen, daß mein guter Ruf als Orgelspieler durch diese Veranstaltungen seine Begründung gefunden hat.«

1910

5. Mai: Bunk springt kurzfristig beim Max-Reger-Fest in Dortmund ein; er spielt zum ersten Mal, im Wechsel mit Reger, die Orgel von St. Reinoldi. Reger gibt ihm folgenden Rat: »Junger Mann, spielens meine Sachen halt net zu schnell; Brahms und ich, mir habn den gleichen Fehler gmacht: mir schrieben unsere Tempi halt viel zu schnell auf, spielns alles recht ruhig, auch wanns schneller dasteht!« (Liebe zur Orgel, S. 74)
Als erste Kompositionen Bunks erscheinen die Sechs Lieder op. 22 und die Legende für Orgel op. 29 im Verlag von J. Nöroth in Trier.
19. Mai: erster Brief Albert Schweitzers (über die Legende).
15. September: auf Empfehlung Regers Anstellung als Lehrer für Klavier-Ausbildungsklassen am Dortmunder Konservatorium

1911

Januar/Februar Komposition der Passacaglia für Orgel op. 40

1912

Organist der Altkatholischen Krimkapelle in Dortmund.
3. Januar: Premiere der Kinderoperette Gerda in der Groote Schouwburg Rotterdam.
30. März: Vermählung mit der Bielefelder Kommilitonin Else Geßner (1890–1976).
Komposition von Der 1. Psalm für Sopransolo, Chor und Orgel op. 47.
Im September Gründung des Dortmunder Trios.
Von Dortmund aus Leitung eines Städtischen Gesangvereins Emmerich/Niederrhein (bis Kriegsausbruch 1914 Aufführung von Schumann: Rose Pilgerfahrt, Haydn: Jahreszeiten, Bach: Johannespassion)

1913

September Übernahme ersten Orgelunterrichts am Konservatorium.
13. September, Anzeige in der Rheinischen Musik- u. Theaterzeitung: »Ibachflügel spielen ausschliesslich in ihren Konzerten« mit den Namen Max Regers, Bunks und zahlreicher anderer Pianisten.
17. November: Bunk dirigiert im Groote Doelezaal in Rotterdam einen Chor von 600 Schulkindern bei zwei Aufführungen seiner Kantate Holland Herleefd op. 48; mit dem Auftragswerk – auf einen Text des Reformpädagogen Jan Lighthart (1859−1916) − wird die Befreiung von napoleonischer Herrschaft vor 100 Jahren  gefeiert.
25. November: wahrscheinlich Begegnung mit Charles-Marie Widor, der beim 44. Orgel-Konzert in St. Reinoldi u. a. seine 5. Symphonie spielt.

1914

3./4. Mai: Beim Dortmunder Friedrich Gernsheim-Fest begleitet Bunk Lieder des Komponisten und Brahms-Freundes, dessen Enkelschüler er (über Anton Verheij) ist.
Juli: die Variationen über ein Altniederländisches Volkslied (Herr, sieh die Not) op. 31 erscheinen bei Tischer & Jagenberg. Domorganist Bernhard Irrgang (1869−1916) führt die Komposition im Berliner Dom auf; anschließend kolportiert er die Äußerung der Hofstaatsdame Claire von Gersdorff, »daß dieselbe sicher dem Kaiser sehr gefallen würde« (des verarbeiteten niederländischen »Trutzliedes« wegen). Tischer bewirbt die Variationen daraufhin als »Kriegsmusik«.
Unabhängig davon äußern sich Charles-Marie Widor (der es verspätet erhält) und Marco Enrico Bossi lobend über das Werk. An den in Lambarene internierten Albert Schweitzer gelangt es nicht; Bunk spielt ihm die Variationen 1928 in St. Reinoldi vor.
Bei Tischer erscheinen auch, wahrscheinlich eine Auftragsarbeit, Zwei Stücke für kleines Orchester (On hearing the first Cuckoo in Spring und Summer-night on the river) von Frederick Delius in Bunks Übertragung für Klavier.
In den Weihnachtsferien Komposition der Legende f-moll für Orgel und Bläserquartett op. 55a

1915

Für die Rheinische Musik- und Theaterzeitung, Köln, rezensiert Bunk in den nächsten fünf Jahren Orgelmusik und schreibt Musikberichte und Aufsätze.
31. März: erste Mitwirkung (bis 1931) als Orgelsolist an einem Konzert des Berliner Königl. Hof- und Domchors (später Domchor bzw. Staats- und Domchor). Sein Leiter Hugo Rüdel (1868–1934) wird Bunk 1925 mit einem Empfehlungsschreiben als Reinoldiorganist empfehlen.
Im August Komposition der Fantasie für Orgel op. 57.
6. Oktober: Bunk spielt mit Max Reger dessen Mozart-Variationen op. 132 in der Fassung für zwei Klaviere.

1916

Während einer Ehekrise im Herbst geht Else Bunk nach Berlin-Charlottenburg und arbeitet dort in einer Buchhandlung. Ihr Mann komponiert in dieser Zeit die Stieler-Lieder op. 61. Versöhnungstreffen in Berlin

1917

1. Oktober Vertrag mit dem Dortmunder Orchester: »Herr Gerard Bunk verpflichtet sich als [ständiger] Solist und Begleiter (Orgel und Klavier) für die Konzerte des Philharmonischen Orchesters und vorkommendenfalls auch als Organist für die Opernaufführungen des Stadttheaters«.

1919

7. November: Uraufführung der Symphonischen Variationen für Orgel und Orchester op. 67 im Saalbau Essen unter Max Fiedler (1859–1939).
23. November: erstes Konzert als Dirigent des Musikvereins in Unna (Mozart: Requiem), mit dem Bunk künftig »alljährlich zwei grosse Werke der Chorliteratur« einstudiert.
Ende 1919 ...

1920

... oder Januar 1920: Anstellung zum Organisten und Chorleiter der Dortmunder Petrikirche.
Die Acht Charakterstücke für Orgel op. 54 erscheinen bei F. E. C. Leuckart.
Oktober, fortschreitende Wirtschaftskrise: »mit Rücksicht auf die insbesondere für kleinere Chorvereine jetzt fast unerschwinglich hohen Honorarsätze des bei Oratorienaufführungen mitwirkenden Orchesters« wirbt Bunk für sich als Organist und Pianist. »Bei Ermangelung des Orchesters dürfte eine Aufführung auch der größeren Chorwerke mit Orgel- oder Klavierbegleitung gerechtfertigt sein, wenn sie mit Berücksichtigung der Instrumentation und nach sonstigen künstlerischen Prinzipien ausgeführt wird.«
November: Bunks Landsmann, der spätere Dirigent Paul van Kempen (1893–1955) wird Geiger im Dortmunder Trio; Cellist ist der Solocellist im Städtischen Orchester, Carl Roser.

1922

Das Riemann Musiklexikon verzeichnet ihn 1922 als »gesuchter Begleiter«. »Besondere Anpassungsfähigkeit«, erläutert Bunk selbst in einem 1958 verfassten Lebenslauf, »führte zu Begleitung vieler berühmter Gesangssolisten und Instrumentalisten, die in früheren Jahren nicht wie heute mit ihren ständigen eigenen Begleitern reisten.«
26. Juni: Uraufführung des Konzerts für Orgel und Orchester op. 70

1923

15. April: gemeinsames Konzert mit Günther Ramin in der Leipziger Thomaskirche.
1. Juli bis 15. September geheimer Aufenthalt in Zermatt als Pianist des Hausorchesters der Hotels Seiler, um der durch die Ruhrbesetzung zugespitzten Lage »in dem schrecklichen Dortmund« zu entkommen und um an stabile Währung zu gelangen. Nach der Nachricht vom Tod der Mutter am 6. Juli komponiert Bunk in Zermatt die Consolation f-moll für Orgel op. 65 Nr. 3.
15. Dezember: Bunk weiht im Rotterdamer WB Theater die »Eerste Nederlandsche Concert- en Cinema-Orgel, vervaardigt door de Firma A. Standaart« ein.

1924

Bunk ist in ersten Radio-Klavierübertragungen im Sender Münster zu hören.
6. Mai: Berliner Erstaufführung des Konzerts für Orgel und Orchester op. 70 mit dem Blüthner-Orchester

1925

1. Oktober: Bunk wird Organist an St. Reinoldi und Dirigent des Bachvereins.
November: An das nun städtische Konservatorium wird eine Kirchenmusikschule angegliedert; Bunk unterrichtet an der evangelischen Abteilung weiter Orgel.
23. November: Uraufführung der Symphonie op. 75 in Karlsruhe

1926

27. bis 30. Juli Teilnahme an der Freiburger Tagung für Deutsche Orgelkunst.
Erste Orgelübertragungen aus St. Reinoldi, die bis nach England gehört werden. 1937 hört vermutlich der mit Bunk befreundete Orgelvirtuose Wilhelm Middelschulte in Chicago zu: »... I could hear my Passacaglia played by Gerard Bunk in Dortmund (Sunday Febr 7th) if I connect with the Köln-Reichssender (Cologne) – plays about 11.00 o'clock Sunday − Is that about 5 or 6 in the morning in America? I will try to connect and get up at that time − It is a novelty.« (zit. nach Meyer 2007, S. 492 )

1927

13. Juli und 4. August: Bunk führt auf der Frankfurter Internationalen Ausstellung Musik im Leben der Völker eine Walcker-Konzertorgel vor.

1928

19. September: Naturalisation, nachdem schon bei Bunks Bewerbung Bedenken laut geworden waren, die Position des Reinoldi-Organisten mit einem »Ausländer« zu besetzen (Liebe zur Orgel, S. 87)
Am 11. November Begegnung mit Albert Schweitzer, der in St. Reinoldi ein Orgelkonzert spielt

1929

Bunk spielt seine Orgelstücke Canzone G-dur und Melodie H-dur für die Deutsche Grammophon ein. Es entsteht auch eine Aufnahme von Mozarts Kirchensonaten KV 67 und 336 mit der Orchesterschule des Konservatoriums unter Paul van Kempen (Deutsche Grammophon, auch Polydor und Decca-England). Diese Schallplatten sind die frühesten erhaltenen Tondokumente mit Bunk.
6. Oktober: Der Thomanerchor Leipzig gastiert unter Karl Straube in St. Reinoldi, Bunk spielt dazu Orgelwerke von Sweelinck und Bach.
6. November: erste Orgel-Feierstunde Bunks in St. Reinoldi; die Orgel-Feierstunden sollen »einen Überblick über die wichtigsten Werke der Orgelliteratur vermitteln« und werden von Bunk nun vierzehntäglich veranstaltet; im Mittelpunkt stehen die Werke Bachs und Regers.
Den Bachverein an St. Reinoldi leitet er inzwischen regelmäßig bei Festgottesdiensten (A-cappella-Literatur, Bach-Kantaten) und Passionenaufführungen.

1930

Überarbeitung der Sonate für Orgel op. 32.
Bunk wird auch Organist der Dortmunder Synagoge mit einer Orgel der Firma Walcker.

1931

Im Februar erstes Konzert mit dem Orchester der Berufsmusiker beim Arbeitsamt Dortmund, das Bunk für kirchenmusikalische Aufführungen einsetzt und in Unterhaltungskonzerten dirigiert, die von den Sendern Köln und Breslau übertragen werden (mit auf die Programme setzt er Intermezzo und Spanischer Tanz aus seiner Kinderoperette Gerda unter dem Pseudonym »F. Cornelius«, abgeleitet aus seinen zweiten und dritten Vornamen Cornelis Filippus).
Von einer Radiosendung der Westdeutschen Rundfunk AG am Karsamstag aus der Reinoldikirche mit Bunks Orgelspiel bleiben zwei Schallplatten erhalten (Bach: zwei Choräle pdfDRA-Dokument-des-Monats-März-2007.pdf, Beethoven: zwei Gellert-Lieder).
In der Orgel-Feierstunde am 7. Oktober spielt Bunk u. a. Sigfrid Karg-Elerts Passacaglia op. 25B. »Dass meine Kindlein an der herrlichen Reinoldi-Orgel zu Gehör kommen«, schreibt Karg-Elert an Bunk, »die ich durch Freund Holtschneiders Bereitwilligkeit 1911 spielen durfte, ist mir eine ganz besondere Freude, und dass Sie (selbst ein hochbegabter Komponist von Ansehen), der vor X Jahren so wundervolle und kluge Worte in einem Artikel über mich schrieb, sich für meine Werke einsetzt, gereicht mir zu einer besonderen Ehre.«
18. Oktober: Uraufführung der Motette Selig seid ihr Armen op. 77 in St. Reinoldi durch den Widmungsträger Carl Holtschneider (1872−1951) und seinen Madrigalchor

1933

Angriff auf Bunk im ersten Heft 1933 der Zeitschrift Musik und Kirche: Ob das »wirklich die Aufgabe einer Orgelfeierstunde« sei, fragt der anonyme Verfasser »A.« einer Glosse (wahrscheinlich der Hymnologe und Musikforscher Konrad Ameln, 1899–1994) und führt verkürzt aus dem Erläuterungstext der Orgel-Feiersunden an: »›jedem zu ermöglichen, das monumentale.... Orgelwerk.... (5 Manuale und Pedal, 107 Register, 79 Nebenzüge, Fern-Orgel, insgesamt 7104 klingende Pfeifen) in regelmäßigen Vorträgen zu hören....‹ […] wie wenig oft selbst Kirchenmusiker sich über Sinn und Zweck von Orgelfeierstunden Gedanken machen« (S. 45).
3. Mai: Bunk beginnt in den Orgel-Feierstunden demonstrativ eine Reihe mit der Überschrift »Meisterwerke deutscher Orgelkunst«; sie wird bis September 1934 acht Veranstaltungen umfassen.
11. Mai: Organistenamt an der Synagoge »niedergelegt« (spätere Notiz Else Bunks; die genauen Umstände sind nicht überliefert).
13. Mai: Bunk wirkt in St. Reinoldi an einem Wohltätigkeitskonzert der Mandolinen-Konzert-Gesellschaft unter dem für die Mandolinenbewegung bedeutsamen Theodor Ritter (1883–1950) mit. Die vollständige Programmfolge wird in Musik und Kirche abgedruckt und als »unheilig« verurteilt: »Ein eiserner Besen tut not, denn wir wissen zur Genüge: es muß immer wieder damit gekehrt werden, bis die letzten bösen Wurzeln solch wuchernden Unkrautes davon erfaßt sind. Der ›wohltätige Zweck‹ heiligt die Mittel? Nein!  [...]   Kirchenmusiker voran im Kampfe um deutsche Kultur!« (S. 209f., »W. R.«)
Im Juli-August-Heft von Musik und Kirche unterzeichnet der so unter Druck gesetzte Bunk die Erklärung der deutschen Orgelbewegung. Das Manifest »zahlreicher führender Persönlichkeiten der Kirchenmusik und Orgelkunst« ist quasi eine Ergebenheitsadresse an die neuen Machthaber (S. 187f.).
Der angeblich »elitäre« Musikverein Unna wird zum »Städtischen Volkschor« umgewandelt; Bunk übernimmt zunächst die Leitung, obwohl laut Zeitungsmeinung »Gerard Bunk, der Dirigent des aufgelösten Musikvereins, der Führer des neuen Chores nicht sein [darf], weil viele Volksgenossen in ihm einen Exponenten jenes Vereins sehen« (13. November).
3. Dezember: erstes Konzert mit dem Bielefelder Kinderchor, den Bunk bis zu seinem Lebensende vor allem in Weihnachtskonzerten an der Orgel begleiten wird.
Ende des Jahres heißt es in der Dortmunder Presse, »die Orgelfeierstunden seien eine überlebte Konzertform, die im Dritten Reich keine Daseinsberechtigung mehr habe. Der Kreis von Volksgenossen, der diesen Veranstaltungen Verständnis entgegenbringen könne, sei zu klein. Die ideale Konzertform sei die liturgische. Bei ihr nehme jeder Hörer lebendigen und aktiven Anteil an der gebrachten Musik.« (zit. nach Boecker 1995, S. 143)

1934

9. Oktober: Der Dresdner Kreuzchor singt unter Rudolf Mauerberger in St. Reinoldi, Bunk wirkt als Organist mit. Mauersberger will ihn im Anschluss an die Kreuzkirche holen. Der Wechsel kommt nicht zustande, Bunk nutzt aber die Diskussion in den Dortmunder Zeitungen über einen möglichen Weggang, um seine Position an St. Reinoldi zu verbessern.
Veröffentlichung der Passacaglia für Orgel op. 40 bei Breitkopf & Härtel

1935

August: Sommeraufenthalt bei Familie Heinrich Walcker in Murrhardt. Als Monteur verkleidet besichtigt Bunk den Bau der Walcker-Orgel in der vor Fertigstellung nicht zugänglichen Kongreßhalle in Nürnberg.
30. Oktober: Der Verlag Breitkopf & Härtel bittet Johann Nepomuk David um ein Gutachten über Bunks Fantasie für Orgel op. 57.

1936

Veröffentlichung der Fantasie op. 57 bei Breitkopf & Härtel. Die Beurteilung des 1915 entstandenen Werks in einer Rezension als »Konzertstück für den Konzertsaal von kosmopolitischemTyp« für den »Virtuos« stellt nach den Maßstäben der Orgelbewegung eine Verunglimpfung dar (Zeitschrift für Kirchenmusiker vom 1. Dezember 1939).
18. Oktober: Bei einer Bekenntnis-Gemeindeversammlung in der Reinoldikirche spricht Pfarrer Martin Niemöller aus Berlin-Dahlem. Bunk spielt die Orgel.
Konsistorialrat Oskar Söhngen überbringt Bunk die Ernennung zum Kirchenmusikdirektor durch den Berliner Oberkirchenrat vom 21. Oktober.

1937

Im Februar kauft Bunk ein Cembalo von J. C. Neupert: »Für die stilechte Wiedergabe alter Musik (Solo, Begleitung, Continuo) stehe ich jetzt auch als Cembalist mit eigenem Instrument zur Verfügung«. Im Sommer Komposition der Variationen und Fuge über das Altniederländische Volkslied »Merck toch hoe sterck« für Cembalo op. 80.
Am 16. März kommt es zu einem »Husarenritt«, als Bunk für den vorgesehenen Pianisten (der aber den Termin verwechselt hat) bei einem Liederabend von Heinrich Schlusnus (1888−1952), gefeierter Bariton der Berliner Staatsoper, einspringt. Die Episode ist durch Schlusnus' Frau Annemay überliefert: Der überraschte Bunk wird von der Orgelbank »ins Auto gezerrt«, dort »wurden ihm Lieder, Tempi, Transpositionen der ersten Liedgruppe im Hundert-Kilomenter-Tempo mitgeteilt. Und dieser intelligente, musikalische Mann begriff alles, er war Feuer und Flamme für den Husarenritt. ...« (von Naso: Schlusnus, S. 134f.)
18. August: In den Sommerferien überlässt Bunk die 168. Orgel-Feierstunde dem 21-jährigen Siegfried Reda (1916–1968), der u. a. eigene Werke spielt. Reda hatte am Dortmunder Konservatorium studiert. »Sein Orgellehrer und Mentor dort war Otto Heinermann (1887–1977), dessen Persönlichkeit und Musikalität ihn geprägt haben«, berichtet wiederum Redas Schüler Martin Balz. »Prägend für Reda war auch die große Walcker-Orgel der Dortmunder Reinoldikirche und nicht weniger ihr Organist Gerard Bunk und dessen Reger-Interpretation.«
August: Bunk wird zum Dirigenten des Städtischen Musikvereins in Gütersloh gewählt. Erstes Konzert ist am 4. Oktober ein Liederabend, in dem er die Sopranistin Adelheid Armhold (1900−1992) begleitet. In Gütersloh erhalten Reinhard Mohn und seine spätere Frau Magdalene Raßfeld von Bunk privaten Klavierunterricht.
September bis November: Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit dem Kritiker der Dortmunder Zeitung, Otto Brodde (1910–1982), der dem Kirchenmusiker Bunk »konzerthaftes Gebaren« vorwirft. Bunk möge »von Amts wegen am geistlichen Wandel aller kirchlichen Sachwalter anknüpfen.« Seine Streitschriften an das Presbyterium der Reinoldikirche unterzeichnet Brodde »in deutsch-evangelischer Glaubensverbundenheit« (zit. nach Boecker 1995, S. 159f.).
4. September: Nach einer Abendmusik (in Anlehnung an Tunders und Buxtehudes Lübecker Abendmusiken) Anfang Juli in St. Reinoldi mit Motetten und Orgelwerken von Buxtehude, Schütz, Bach und Brahms beantragt Bunk beim Presbyterium die ständige Einrichtung solcher Konzerte; nun auch Reisen mit dem Bachverein und besonders mit Bach-Programmen in Rheinland und Westfalen. 
29. September: Bunk gibt dem Unnaer Bürgermeister den Rücktritt als künstlerischer Leiter seines »Schmerzenskindes«, des Volkschors bekannt.
Vorher Querelen auch im Bachverein: ihm wird ein Mangel an »Gemeinschaftsgefühl« vorgeworfen; seiner Absetzung bzw. einer Spaltung des Chores kann er entgegenwirken. Von der Gestapo wird Bunk über die internen Verhältnisse im Bachverein verhört.

1938

29. Januar: Am Vorabend des sogenannten Tags der nationalen Erhebung wollen Deutsche Christen in der Reinoldikirche einen »Dankgottesdienst« abhalten. Beim Aufeinandertreffen mit Anhängern der Bekennenden Kirche kommt es zu Ausschreitungen; Bunk spielt die Orgel, wie es nachher in einem Flugblatt der Deutsche Christen heißt, »zu Gunsten der Bekenntnisfront«.
18. Mai: Uraufführung der Variationen und Fuge für Cembalo op. 80 im Reichssender Köln

1939

3. Mai: Mit der 201. Orgel-Feierstunde und mit Bachs Choralvorspiel Hilf, Gott, daß·mirʼs gelinge beginnt Bunk einen großangelegten Zyklus Meisterwerke der Orgelkunst von Sweelinck bis zur Gegenwart.
10. Juni: Abendmusik »anläßlich der Erweiterung der Reinoldiorgel« um ein Rückpositiv. »Mit seinen charakteristischen sechs Barockstimmen, an das ›Positiv‹ (untere Manual) des Spieltisches angeschlossen, war nunmehr für die Wiedergabe alter Musik eine frappant ›stilecht‹ anmutende Klanggebung möglich.« (Liebe zur Orgel, S. 92)
Brief Karl Straubes vom 14. Juli: »... ohne Ihre künstlerische Persönlichkeit und ohne Ihre seelische Kraft würden ja alle Noten nur thönerner Klang sein, aber nicht Geist und begnadete Offenbarung. So wünsche ich Ihnen, daß die göttliche Kraft Ihnen immer nahe sein möchte in der Durchführung Ihres schönen und großen Planes, die Orgelmusik der letzten 350 Jahre in den Werken der Meister im lebendigen Klange neu auferstehen zu lassen. Das Gebet, mit welchem Sie solches Wollen Gott als Dankopfer darbrachten, wird Erfüllung finden und volles Gelingen soll Ihnen geschenkt sein.« (zit nach Gurlitt/Hudemann: Briefe eines Thomaskantors)
Im August Komposition der Musik für Orgel op. 81.
Am 8. Dezember scheibt Bunk an den als Soldat in Bromberg stationierten Freund Max Lorf: »... Unsere Requiemauff. [Mozart-Requiem am 26. November] war ganz prachtvoll ... Der Chor war ganz, ganz groß! Schade, daß Sie wieder fehlen mussten! Der eine Sänger nach dem andern von denen, die im Felde sind, schreibt Klagebriefe und hat große Sehnsucht nach dem Bachverein! ... Hätten Sie übrigens die große Güte, den Krieg bald zu beenden, ich bin die Sache nämlich sehr leid, und Sie????« (zit. nach Boecker 1995, S. 183)

1940

Am 14. Mai wird Rotterdam durch die deutsche Luftwaffe zerstört.
Bunk gibt das Libretto zu einem Oratorium nach Jesus Sirach 43 (»Gottes Herrlichkeit in der Natur«) in Auftrag. Am 22. Juli beginnt er die Komposition, die Ausarbeitung der Skizzen und der Partitur wird sich durch den gesamten Krieg bis schließlich 1946 erstrecken. An den Organisten Oskar Rebling (Widmungsträger der Musik für Orgel) schreibt er, er arbeite »an einem Oratorium, – auch im Luftschutzkeller«.
Die Musik für Orgel op. 81 erscheint bei Breitkopf & Härtel.

1942

In einer kurzen Szene des im Jahr nach Kriegseintritt der USA gedrehten Thrillers Saboteure von Alfred Hitchcock spielt der blinde Mr. Martin aus Summer Night on the River von Frederick Delius in der Klavierbearbeitung von Bunk (1930 bei Oxford University Press erneut erschienen).
am 14. Mai das letzte gemeinsame Konzert mit dem früheren Triopartner Paul van Kempen: Bunk spielt mit den Dresdner Philharmonikern unter van Kempen Mozarts Klavierkonzert Nr. 24 c-moll KV 491.
Zunehmende »Widerstände von der Seite der Partei« gegen die Aufführung kirchenmusikalischer Werke durch den Gütersloher Musikverein; Bunk legt sein Dirigentenamt am 4. September nieder.

1943

Über das ganze Jahr (bis Beginn 1944) Konzertreisen mit dem Wiener Cellisten Slavko Popoff durch Süddeutschland, das besetzte Elsass, das sog. »Sudetenland« und Österreich, die häufig durch die NS-Organisation »Kraft durch Freude« veranstaltet werden; z. B. 3. Februar: »In Kitzbühel gegen ½ 5 nachmittags angekommen (in München war eine gute Stunde Aufenthalt gewesen), wurde uns gegen 6 eröffnet, die Konzerte könnten garnicht stattfinden, da wegen Stalingrad alles abgeblasen war.« (Bunk: Popoff-Tournee 1943, zit. nach Boecker 1995, S. 197)
4./5. Mai: erster Luftangriff auf Dortmund. Bunk steigt nach Angriffen auf den Dachboden des Hauses Saarlandstr. 87 (Wohnadresse seit 1916), um zu sehen, ob die Reinoldikirche getroffen ist. Um Angriffen ausweichen zu können wird außerdem eine Wohnung im Süden (Lücklemberg, Waldhausweg) im Haus des Musikpädagogen Edgar Rabsch (1892–1964) bezogen und ein Hotelzimmer in Hagen angemietet.
Beim zweiten Fliegerangriff in der Nacht zum 24. Mai werden St. Reinoldi und die Orgel beschädigt: »Zerstört wurde in dieser Nacht das Fernwerk, das auf dem Dachboden mit diesem verbrannte. Wenige Tage später wurden das Rückpositiv (nach einer Lebensdauer von kaum 4 Jahren!) und ein Teil der Orgelbühne von nachstürzenden Steinmassen erschlagen. Es stand somit noch der Hauptteil der Orgel, das I., II., III. und IV. Manual und das Pedal mit allen Pfeifen sowie der Spieltisch, der allein schon ein Kunstwerk für sich bedeutete. / Diese Teile in Sicherheit zu bringen, war aber zunächst unmöglich, da die Decke über der Orgel einzustürzen drohte und die Arbeit zu gefahrvoll gewesen wäre. Es wurde daraufhin veranlasst, dass ein starkes Gerüst vor dem Orgelprospekt errichtet wurde zu dem Zwecke, die über der Orgel befindliche Decke zu stützen, damit die Bergungsarbeit vor sich gehen konnte. / Dieses Gerüst hat monatelang da gestanden, ohne dass irgendetwas unternommen wurde, die Orgel in Sicherheit zu bringen. Lediglich ist das Gerüst später einmal dazu benutzt worden, den Prospekt mit alten Läufern und Decken sehr mangelhaft gegen Regen und Wetter zu schützen [...] Zunächst wusste man keinen Platz für die Orgelteile, später wurde irgendwo in der Paderborner Gegend [...] ein geeigneter Platz gefunden. Dann scheiterte der Abtransport daran, dass keine Beförderungsmittel gestellt werden konnten, wie dieses später bei dem Abtransport der viel weniger wertvollen Hans-Sachs-Orgel in Gelsenkirchen der Fall sein konnte. [...]« (Bunk: Bericht über den Verfall der Reinoldiorgel, zit. nach Boecker 1995, S. 114f.)
11. bis 27. Juli: Einsatz zu Wehrmachtskonzerten in Dänemark (»Bunk-Quartett« bzw. »Gruppe Bunk«).
15. September: Nach der Zerstörung St. Reinoldis findet die 260. Orgel-Feierstunde in der benachbarten Marienkirche statt; das Programm enthält − eingeleitet mit dem Orgelchoral Aus tiefer Noth schrei ich zu dir − Werke von Bach. In der nächsten Feierstunde am 24. November spielt Bunk seine eigenen Variationen und Fuge op. 31 über das niederländische Volkslied Herr, sieh die Not.
Bunk über sich selbst als Multiinstrumentalist bei einem Konzert am 5. Dezember mit Popoff im Wiener Konzerthaus: »Die 3 Instrumente auf dem Podium, Flügel, Cembalo, Orgelspieltisch, erinnerten etwas an das Artisten-Gepäck eines ›Musical-Clown‹!«

1944

25. Januar: Konzert mit Popoff in Tilsit/Ostpreußen und nachfolgend weitere Konzerte in Wien (3. Februar, 2. Mai).
Die Orgel in St. Reinoldi wird vollständig zerstört: »Weiter ist zu berichten, dass am 24. März durch einen weiteren Angriff in der Nähe der Kirche das Orgelwerk mitsamt dem Gehäuse zerstört wurde, die Rückwand herausgerissen wurde und das wertvolle Material an Orgelpfeifen zum grossen Teil, der Spieltisch völlig vernichtet wurde. Damit ist das Schicksal dieser berühmten Orgel endgültig besiegelt worden, und wird die Erinnerung an dieses grandiose Orgelwerk sich in allen musikverständigen Kreisen verquicken mit dem Gefühl des Unwillens denjenigen Leuten gegenüber, die es so wenig verstanden haben, eines der herrlichsten Kulturgüter unserer an Kulturdenkmälern schon sowieso so wenig reichen Stadt Dortmund zu schützen und zu erhalten. [...]« (Bunk: Bericht über den Verfall der Reinoldiorgel, zit. nach Boecker 1995, S. 115).
10. September: letzte, 263. Orgel-Feierstunde in der Marienkirche.
Bei einem erneuten Angriff wird auch St. Marien zerstört und Bunks gesamte Orgelnoten sowie die Notenbestände des Bachvereins gehen verloren: »Ueber den Angriff selber kann ich nur sagen, dass es das vernichtendste an Verheerung gewesen ist, was ›Menschengeist auch hat ersonnen‹, wie es in einem schönen Liede heisst. [...] Es steht wie gesagt NICHTS mehr in D! Konservatorium natürl. auch weg! Ach, was soll ich Dir viel erzählen, es ist nicht zu beschreiben, frag mich nach irgendein[em] Gebäude, man kann nur antworten: WEG!!! Und nun kommt für mich persönlich etwas ganz Fürchterliches, was ich in der nochmals ausgebrannten Reinoldikirche feststellen musste: meine ganze wertvolle Orgelbibliothek, der [sic] mein Stolz war, mit den seltensten Noten, ist TOTAL verbrannt!!!!! Den Rest meiner Orgelnoten hatte ich in der Marienkirche liegen, die ebenfalls mit der wertvollen Orgel ausgebrannt ist (das Gehäuse aus dem 15. Jahrhundert!!!)« (Bunk an seine Schwiegermutter Marie Geßner in Bielefeld, vermutlich nach dem Luftangriff auf Dortmund vom 6. Oktober)

1945

1. Februar: Rundbrief Bunks an die Sängerinnen und Sänger des Bachvereins mit dem eindringlichen Appell zur Weiterarbeit (»... nicht verzagen und nicht der Meinung Raum geben, daß in dieser schwersten aller Zeiten nun auch unsere Kunst dahin ist«).
12. April: Kurz nach der Befreiung spielt Bunk für einen amerikanischen Feldgeistlichen auf der Orgel in der Großen Kirche in Dortmund-Aplerbeck: »Um 19 Uhr ziehen die Amerikaner in Aplerbeck ein. Der Abend dämmert, und die Waffen verstummen: Ein hochgewachsener Captain geht langsam zu einer Kirche, aus der Orgelklänge dringen. Einige Andächtige sitzen in den Bänken und lauschen der Musik. ›Ich blieb einen Augenblick im Turm stehen‹, berichtet ein Mann. ›Das ist ein Meister, dachte ich, und was er spielt, ist Johann Sebastian Bach! Wie war ich erfreut, an der Orgel den verehrten Meister der zertrümmerten Reinoldi-Orgel, Gerard Bunk, zu sehen. / Der Amerikaner, ein Feldgeistlicher, bat den großen Organisten, doch noch etwas von Bach zu spielen. 'Haben Sie Noten?' – 'Toccata in D.' – Bunk lächelte, drehte sich um und begann Registerzüge und freie Kombinationen einzustellen. Dann klang in der hohen Halle der wenig beschädigten Kirche Joh. Seb. Bachs Toccata in D auf. Mit den zur Höhe eilenden Tönen hob sich unser Herz und löste sich von all dem schweren Leid und all der Not, die es in den letzten Tagen und Wochen zu tragen hatte.‹« (Ruhr Nachrichten vom 9./10. April 1960 nach den Erinnerungen des mit Bunk befreundeten Diakons Wilhelm Koch, 1907–1976; Koch war mehrfach mit dem NS-Regime in Konflikt geraten.)
Im August werden die Kirchenmusiken in unzerstörten Dortmunder Kirchen wieder aufgenommen.
In den kommenden Jahren zudem häufige Reisen mit dem Bachverein; das Repertoire ist inzwischen u. a. um Motetten von Schütz und Brahms ergänzt; zunehmend auch wieder auswärtige Oratorien- und Passionen-Aufführungen.
31. August: Aufführung von Bunks Kantate Holland Herleefd op. 48 in Rotterdam am Geburtstag von Königin Wilhelmina.
7. Oktober: Bunk bringt mit dem Städtischen Orchester Dortmund seine Legende fis-moll für Orgel und Streichorchester op. 55b zur Uraufführung.

1946

Triovereinigung Bunk-Enzen-Evler mit den Konzertmeistern Friedrich Enzen und Rudolf Evler: in den kommenden Jahren u. a. Aufführung des Streicher/Klavier-Gesamtwerks von Beethoven in verschiedenen Städten

1948

29. März: Uraufführung des Oratoriums »Groß ist Gottes Herrlichkeit« op. 82

1950

Intensive Konzertaktivitäten im Bachjahr u. a. mit der Erstaufführung der eigenen Einrichtung der Kunst der Fuge für die Orgel

1951

Teilnahme an der Gründungstagung der Gesellschaft der Orgelfreunde vom 31. Juli bis 4. August in Ochsenhausen

1952

Zu Jahresbeginn verfügt Bunk wieder über eine Orgel: Für den Goldsaal der Dortmunder Westfalenhallen hat er ein neues Instrument (Walcker) disponiert.
Im Dezember Gründung eines Bunk-Kammermusikkreises, der künftig den Orchesterpart in den Chorkonzerten übernimmt und mit dem Bunk, vom Cembalo aus dirigierend, barocke Instrumentalmusik aufführt

1953

In den Sommermonaten nun und in den folgenden Jahren Konzerte auf der Nordseeinsel Juist. Am 22. August wird in der Inselkirche zum ersten Mal die Legende op. 55a in der Fassung mit Streichquartett von Bunk und dem Stross-Quartett aufgeführt.

1954

Am 17. Januar Wiederaufnahme der Kirchenmusiken im aufgebauten Nordschiff von St. Reinoldi: »Musikalische Gedenkstunde anläßlich des 79. Geburtstages von Albert Schweitzer mit Werken von Joh. Seb. Bach ... Der Reinertrag ist bestimmt zur Förderung des Werkes von Albert Schweitzer«.
Am 8. Mai beginnt Bunk auf einer kleinen Orgel mit 18 Registern (Walcker) wieder mit den Orgel-Feierstunden (Die Kunst der Fuge für die Orgel eingerichtet von Gerard Bunk).

1956

3. Juni: Wiedereinweihung St. Reinoldis, Aufführung der h-Moll-Messe
Bunks Orgelfassung des Musikalischen Opfers erscheint.

1958

Nach der Aufführung der Matthäus-Passion am 4. April erleidet Bunk einen Zusammenbruch.
18. Mai: Er weiht die neue Walcker-Orgel (IV/72) in St. Reinoldi ein, unter den Zuhörern »viele Orgelexperten von nah und fern«.
Am 7. Juni die letzte, 338. Orgel-Feierstunde.
Am 10. Juni Infarkt – Gerard Bunk stirbt am 13. September in Kamen bei Dortmund.


"21. Januar 1959

Liebe Frau Gerard Bunk
Ich kann es noch nicht fassen, dass Gerard Bunk vom Tode ereilt wurde, wo er uns noch so viel zu geben hatte. Wie viele sind wir, die mit Ihnen um seinen so frühen Heimgang trauern und die Grösse Ihrer Trauer ahnen... Ich habe mich für ihn vom ersten Augenblick an, da ich mit ihm zusammenkam, interessiert, weil ich durch ihn als Mensch und als Künstler, der er war, so beeindruckt war. Was er in seinem Buche von unserem ersten Zusammensein erzählt, ist mir noch lebendig gegenwärtig. Ich kümmerte mich nicht darum, dass wir zum Festessen erwartet wurden, sondern wollte seine Kompositionen, von ihm gespielt, ganz kennenlernen.
Ich erinnere mich auch noch ganz gut an den Brief, den ich ihm einige Zeit vorher auf die Zusendung einer Komposition geschrieben hatte.
Als ich bei der Heimkehr nach Europa 1948 erfuhr, dass seine schöne Orgel vernichtet sei, war ich von seinem Unglück erschüttert... Eines dürfen Sie versichert sein: Alle, die Ihren Mann gekannt haben, werden ihm ein treues Andenken bewahren. Ich hatte mich so darauf gefreut, ihn noch einmal zu sehen, in meinem nächsten Europaaufenthalt. Sein Andenken wird immer mit der Reinoldiorgel verhaftet sein. Dass er sein schönes, so lehrreiches Werk 'Liebe zur Orgel' fertig brachte und uns hinterlässt, ist etwas Kostbares, das wir schätzen und hüten. Der Künstler hat es geschrieben. Es fesselt durch seine Darstellung ebenso wie durch seinen Inhalt...
Keiner hat so über Orgelbau und Orgelkunst im Wandel der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts berichtet und das Bild und die Entwicklung festgehalten, wie er es tat.

Mit lieben Gedanken Ihr ergebener
Albert Schweitzer"